Beim Chef mieten – Werkswohnungsbau 2.0
Beim Chef mieten – Werkswohnungsbau 2.0
Der Wettbewerb um Fach- und Nachwuchskräfte sowie stetig steigende Mieten lassen den Werkswohnungsbau wiederaufleben. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass immer mehr Arbeitgeber in Deutschland sich an alten und neuen Konzepten der betrieblichen Wohnfürsorge bedienen.
Angespannte Wohnungsmärkte entwickeln sich aus Unternehmenssicht immer stärker zu einem Hemmnis bei der Akquisition neuer Arbeitnehmer. Im Wettbewerb um Nachwuchs- und Fachkräfte rückt die betriebliche Wohnungsfürsorge wieder in den Fokus. Dank des steuerfreien geldwerten Vorteils können seit Anfang 2020 Betriebswohnungen vergünstigt angeboten werden. Primäres Ziel durch wohnungswirtschaftliche Unterstützungsangebote ist dabei Rekrutierung und Bindung von Arbeitnehmern an das Unternehmen.
Wo der Werkswohnungsbau seinen Ursprung hat
Der Werkswohnungsbau in Deutschland hat seinen Ursprung während des industriellen Aufschwungs Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts im Bergbau und in der Industrie. Fehlender Wohnraum in städtischen und ländlichen Gebieten zwangen Unternehmen, als Bauherr, Eigentümer und Verwalter von Wohneinheiten für ihre Beschäftigten aufzutreten. So gehörten beispielsweise der heutigen E.ON früher einmal 152.000 Wohnungen, die 2005 für rund sieben Milliarden Euro an die heutige Vonovia veräußert wurden.
Seit den 1970er-Jahren bis zum Verkauf der Buderus Immobilien mit 1.000 Wohneinheiten Ende 2019 erfolgte der fast vollständige Verkauf von unternehmenseigenen Wohnungsbeständen. Gründe dafür waren die zeitweise entspannten Wohnungsmärkte und neue Unternehmensphilosophien, die eine Fokussierung auf der Kerngeschäft vorsahen.
Der neue Werkswohnungsbau ist kleinteiliger, flexibler und bevorzugt Kooperationen
Der klassische Werkswohnungsbau wird, wenngleich im kleineren Maßstab, auch in aktuellen Projekten von Unternehmen umgesetzt. Dabei ist jedoch meist ausschlaggebend, ob sich im Unternehmensbesitz geeignete Grundstücke für den Wohnungsbau befinden.
Das neue Werkswohnen ist kleinteiliger und wird je nach Bedarf des Unternehmens individuell angepasst. Zentrales Element für wohnungswirtschaftliche Unterstützungsangebote sind heute Kooperationen mit Partnerunternehmen. Abgegeben werden u.a. die Planung, der Bau oder die Verwaltung von Wohneinheiten an Partnerunternehmen. Bau- und Betriebsrisiko sowie der Personalaufwand werden dadurch reduziert. Der Fokus bleibt also auf dem Kerngeschäft; Arbeitgeber können bedarfsorientierte Belegungsrechte für Wohnungskontingente erwerben oder einzelne Wohneinheiten anmieten. Daraus ergeben sich Optionen sowohl für große als auch für kleinere Unternehmen.
Mittel- bis kurzfristige Wohnraumangebote erweitern das Angebotsspektrum von Arbeitgebern. So mieten Unternehmen bspw. für ihre Studierenden, Auszubildenden oder überregional tätigen Mitarbeiter temporäre Unterkünfte in Apartment- oder Boardinghäuser an.
Eine bedeutende Entlastung der Wohnungsmärkte über Unternehmensangebote wird es nicht geben. Lediglich das Defizit an bezahlbarem Wohnraum für Haushalte mit geringerem und mittlerem Einkommen wird etwas verringert.
Hinweis: Der Text ist entstanden aus der Masterarbeit der Autorin.
Ansprechpartner: Margo Lange, Junior Consultant im Bereich Wohnen bei bulwiengesa, lange [at] bulwiengesa.de